Das Flipperparadies
von Barbara und Pascal
Auf dem Areal der Glutz AG, unter demselben Dach wie die neue Notstromanlage, residiert das «Extraball» von Barbara und Pascal Bosshart – ein ganz und gar nicht museales Museum.
Flipperkästen sind seit Jahrzehnten die Leidenschaft von Pascal Bosshart. Anfangs füllten sie seine Wohnung bis unter die Decke und schwappten dann in einen Lagerraum, der ihm im Jahr 2007 gekündigt wurde. Eher zufällig konnte er daraufhin einen Raum auf dem Glutz-Areal mieten. «Hier war alles voll mit Gerümpel, wir mussten das erst einmal ausräumen», erzählt er. Erst danach wurde klar, in welches Bijou er da geraten war. Unter altem Linoleum kam ein prächtiger Riemenboden zum Vorschein, der Zugang erfolgt über eine elegante Eichentreppe – nicht von ungefähr: Das Haus ist 1912 gebaut worden und war der «Showroom» der damaligen Alphons Glutz Blotzheim (AGB) für Parkett, Baubedarf und Türbeschläge. Entsprechend repräsentativ war das Gebäude ursprünglich ausgestaltet worden.
«Wir waren vom Interesse völlig überrumpelt»
Da entschied Pascals Frau Barbara: «In diesem schönen Raum machen wir nicht einfach ein Lager. Hier machen wir etwas Besseres.» Und so entstand das Flippermuseum «Extraball» mit Tapas-Bar. Gut erreichbar, beim Solothurner Westbahnhof, ist es offen für private Anlässe. Einmal monatlich, donnerstags, gibt’s öffentliches Flippern. Barbara bereitet dafür stundenlang zu Hause Tapas vor, denn im «Extraball» gibt’s keine Küche. «Anfangs dachten wir, da kommen vielleicht ein paar Leute. Doch es wurde sofort sehr populär. Wir waren völlig überrascht.» Mittlerweile umfasst die Sammlung etwa 170 Flipperautomaten, rund 70 davon werden auf zwei Stockwerken gezeigt. Und auf fast allen darf man als Besucher auch spielen. Da ist die ganze Entwicklung des Flipperkastens präsent – von den ersten «Pin-Tables», die in den Salons wohlhabender Haushalte standen, über die noch «flipperlosen» Flipper der 1930er, bei denen es lediglich um die Geschicklichkeit beim Abschiessen der Kugel ging, bis zu den modernsten Geräten der heutigen Zeit. Dazwischen gab es den grossen Niedergang. Ein Hersteller nach dem anderen ging in Konkurs, bis nur noch ein einziger übrigblieb: die Stern Pinball Inc. Auch dieser Betrieb stand vor dem Aus. Doch im Jahr 2000 entschied Eigner Gary Stern: Ich habe mein Leben lang nichts anderes gemacht, ich kann nichts anderes, ich entwickle und baue weiterhin Flipperkästen, edle Geräte mit
ausgefeilter Elektronik und robuster Mechanik. Die Kugeln rollen auf mehreren Ebenen, und je nach Thema spielen die Kästen beispielsweise exakt zur Musik von Rockbands wie AC / DC. Und siehe da: Auf einmal fanden die Leute wieder Spass am haptischen Spiel gegen bis zu vier Kumpels, an den Kapriolen der Kugel, am exakt genau richtigen Moment, an dem man die Kugel treffen muss. Mittlerweile gibt es auch wieder andere Hersteller, Ersatzteile und eine wachsende Fangemeinde, nachdem Gary Stern den Flipperkasten quasi im Alleingang gerettet hatte.
Rums, Klingeln und ein Freispiel
Pascal Bosshart spricht voller Ehrfurcht von Gary Stern – und er hat einen direkten Draht zu ihm und als Sammler auch schon mal ein besonders seltenes Gerät direkt erhalten. An den Tagen des öffentlichen Flipperns dröhnt das «Extraball» vor Lachen, Klappern, Klingeln, Ahs und Ohs. Und Barbara und Pascal Bosshart freuen sich darüber, dass ihr Hobby auch so vielen anderen Leuten Freude macht. extra-ball.ch
Text: Andreas Schwander
Fotos: Michel Lüthi, Bilderwerft.ch