Die Essensretter von der Restessbar
Die Alltagsheldinnen und Alltagshelden der Restessbar Solothurn sammeln jedes Jahr fast 26 Tonnen Lebensmittel, die sonst weggeworfen würden. Dabei wäre es dem Verein eigentlich lieber, es gäbe ihn gar nicht erst. Dafür, dass es ihn trotzdem gibt, hat er nun den Regio-Energie-Preis erhalten.
Die Zahlen sind längst bekannt: Rund ein Drittel aller Lebensmittel gehen verloren oder werden verschwendet. Sei es, weil sie nach der Ernte beschädigt oder verfault sind, weil sie Qualitätsansprüchen nicht genügen oder weil sie, nachdem sie den Weg zum Endverbraucher gefunden haben, entsorgt werden. Gemäss einer Studie der ETH Zürich von 2019 gilt dies für rund 2,8 Mio. Tonnen Lebensmittel jährlich. Dies sind 330 Kilo pro Person und Jahr – oder 600 Franken, die quasi direkt in den Müll geworfen werden. Mehr als die Hälfte dieser Verluste gehen auf uns Endverbraucher und die Gastronomie, wie einer Statistik des Bundesamts für Umwelt zu entnehmen ist. So weit, so schlecht. Die Verantwortlichen der Restessbar Solothurn finden denn auch: «Die Gründe für den unnötigen Food Waste sind vielseitig und grösstenteils auch bekannt.» Sie und ihre Gleichgesinnten wollen der Gesellschaft unter anderem zeigen, wo und wie die Verschwendung entsteht und wie sie verhindert werden kann. «Doch so leicht ist das nicht», sagen sie.
500 Kilogramm auf 12 Touren
Die Restessbar Solothurn ist Teil eines schweizweiten Netzwerks und eines globalen Bewusstseins. Hierzulande engagieren sich Hunderte Menschen an zwanzig Standorten dafür, Lebensmittel zu retten beziehungsweise dem Food Waste Einhalt zu gebieten. Der Verein Restessbar Solothurn umfasst derzeit 75 Mitglieder, rund 50 von ihnen sind aktiv und kämpfen an vorderster Front gegen Food Waste: Jede Woche retten die freiwilligen Mitglieder des Vereins «Wir nennen sie Alltagsheld*innen», sagen die Verantwortlichen – auf zwölf Touren durch die Region über 500 Kilogramm Lebensmittel. Im Jahr sind das rund 26 Tonnen. Die Lebensmittel erhält
die Restessbar von Partnerunternehmen aus der Region: Bäckereien, Lebensmittelgeschäfte, Getränkehandlungen. Eigentlich, das geben die Verantwortlichen freimütig zu, ist ihr Ziel das eigene Ende – im Klartext: dass der Verein überflüssig wird. «Wir arbeiten tatsächlich an unserer eigenen Abschaffung», antworten Karin Jordi, Carmen von Sury und Christoph Kläntschi vom Vorstand der Restessbar Solothurn auf die entsprechende Frage. «Unsere Mission in Solothurn ist, dass die Menge an Lebensmitteln, die weggeworfen werden, drastisch reduziert wird.» Deshalb sei man auch froh, wenn auf einer Tour einmal weniger Lebensmittel zusammenkommen.
Neuer Standort geplant
Auch wenn es dem Verein eigentlich am liebsten wäre, es würde ihn gar nicht erst brauchen, freuen sich die Verantwortlichen über das wachsende Bewusstsein, das er vermittelt: «Es ist ein überwältigendes Gefühl zu sehen, wie sich der Verein entwickeln konnte.» Gleichzeitig wissen sie: «Wir sind noch lange nicht fertig!» Deshalb arbeitet man – nach den Anfängen im Alten Spital und dem aktuellen Standort im Lokal des Quartiervereins Weststadt an einem neuen, eigenen Standort: Unter der Leporello-Brücke der Westumfahrung Solothurn soll ein Container zu stehen kommen, aus welchem die Lebensmittel abgegeben werden können. Stadt und Kanton Solothurn würden den Verein tatkräftig bei dieser Vision unterstützen, sagen die Verantwortlichen. «Unsere Baueingabe ist in der Abschlussphase und wird bald veröffentlicht. Danach erhoffen wir uns einen Baustart im Sommer.»
Text:
Fabian Gressly
Bilder: Michel Lüthi, bilderwerft.ch