Ein eigener kleiner Kosmos
Im Kanton Solothurn ist das Leben ein Fest. Ein Turnfest, um genau
zu sein. Im Juni findet im Bucheggberg nämlich das Solothurner
Kantonalturnfest 2024 statt. Dort geben sich die Turnerinnen und
Turner nicht nur auf dem Spielfeld die Ehre, sondern unterstützen
ihren Verein auch tatkräftig rund um die Veranstaltung – Ehrensache.
Der Juni steht ganz im Zeichen der Bewegung. Dann wird beim Solothurner Kantonalturnfest (KTF) im Bucheggberg miteinander gesportelt und gefeiert. Dazu braucht es ein gut aufgestelltes Organisationskomitee und viele helfende Hände. Und weil ein Turnverein mehr als Barren, Bock und Ballsport ist, engagieren sich die Mitglieder gern für «ihren» Verein. Fünf davon stellen wir heute vor: ein Urgestein aus Nennigkofen-Lüsslingen und vier Powerfrauen aus Lüterkofen.
Turner seit 65 Jahren
«Ich bin seit 1959 Mitglied im Turnverein Nennigkofen-Lüsslingen, damals hiess Gymnastik übrigens noch Körperschule (lacht). Aber das war ohnehin nicht meine Disziplin. Ich habe viel Leichtathletik gemacht. Und Korbball. Bis zu meinem 80. Geburtstag war ich aktiv in der Mannschaft. Am KTF richtet unser Dorf die Veranstaltungen und die Turniere meiner Lieblingsdisziplin aus. Das freut mich sehr.
Als ich dem Verein beigetreten bin, waren wir ein kleines Dorf von 500 Einwohnenden,da war nicht viel los. Und als mich dann mein Nachbar gefragt hat, ob ich nicht mal in den Turnverein mitkommen wolle. Ja, da bin ich halt mit (lacht). Und was soll ich sagen, ich hatte immer eine tolle Zeit. Zwischendrin war ich ein paar Jahre im Ausland, in Kanada und Südamerika. Als ich zurückkam, habe ich direkt wieder mitgemacht. Meine ganze Familie ist dabei: Meine Frau macht Gymnastik, meine Kinder spielen Korbball. Ich selbst bin jede Woche beim Mittwochsturnen. Da haben wir’s immer lustig, sitzen nach dem Training noch zusammen und sprechen über Weltpolitik – oder auch einfach über Dorfgeschichten.
Wissen Sie, so ein Verein ist ein eigener kleiner Kosmos. Jede und jeder kann mitmischen, und zwar ganz nach seinen Interessen und Stärken: Manchmal im Vorstand, manchmal als Jugendleiter – ich selbst habe auch schon die Damenriege trainiert und im Turntheater Regie geführt. Wir sind ein recht aktiver Verein und es ist schön, zu sehen, wie sich alle engagieren und was dadurch möglich wird. Die heutige Zeit ist leider nicht mehr so vereinsfreundlich, viele gehen allein ins Fitnessstudio. Das wäre nichts für mich, ich brauche die Begegnung. Deshalb freue ich mich auch aufs Kantonalturnfest. Da werfe ich zwar keine Körbe mehr, aber stehe als Schiri auf dem Platz (lacht).»
Vier für den TV Lüterkofen
«Lüterkofen ist eine grosse Turnfamilie, genau wie wir Furrers. Ich war erst im Damenturnverein Hessigkofen-Tscheppach. Seit 2004 turne ich im Turnverein Lüterkofen. Und meine Töchter Celia, 16, Avelina, 14, und Finja, 13, sind schon mit ihrem Papi zum Muki-Turnen, da waren sie gerade mal drei Jahre alt. Wir lieben die Bewegung – vor allem zur Musik und im Verein können wir diese Freude auch weitergeben. Seit rund zehn Jahren leite ich das Kinderturnen der Fünf- bis Sechsjährigen, ausserdem die Gymnastik Jugend und ab und zu unterstütze ich noch die Leitung der Frauenriege.
Es ist einfach schön, zu sehen, wie man im Verein gemeinsam etwas erreichen kann. Die Grossen können den Kleinen viel weitergeben. Avelina und Finja sind beide nicht nur selbst in der Jugendriege und in der Gymnastik Jugend aktiv, sondern leiten auch gemeinsam mit der bereits bei den Aktiven turnenden Schwester Celia das Kinderturnen. Sie haben Spass am Zusammensein in der Gruppe, unabhängig davon, ob jemand turnerisch stark ist oder nicht. In Lüterkofen kommen Sportlerinnen und Sportler aus Freude an der Bewegung zusammen, nicht weil sie unbedingt Medaillen gewinnen wollen. Die Menschen im Verein geben dir immer ein gutes Gefühl. Klar ist die Vorbereitung für eine Stunde manchmal zeitaufwendig, aber wenn ich dann in der Halle bin und sehe, wie viel Spass die Leute haben – das lohnt sich immer!
Das Solothurner Kantonalturnfest 2024 ist natürlich ein Highlight, obwohl wir durchaus veranstaltungserprobt sind (lacht). Jeden Februar organisieren wir im Dorf einen Maskenball und alle zwei Jahre im November gibt es im Verein eine Turnshow. Jede Riege studiert dann eine Nummer ein und dann geht’s rund auf der Bühne. Letztes Mal zeigten wir zusammen mit anderen Familien aus dem Verein eine Familiennummer. Mein Mann ist Co-Präsident im Organisationskomitee des KTF und kann mit uns Powerfrauen zum Glück ganz gut mithalten. » (Anm. d. Red.: Celia, Avelina und Finja schmunzeln vielsagend.)
Text: Katrin Montiegel
Fotos: Michel Lüthi, bilderwerft.ch