Göttliche Flaschen
Ein Kanti-Startup mit Wasserflaschen.
Alles hat mit einer Aufgabe an der Kanti in Solothurn angefangen: «Gründet ein Startup und präsentiert das durch mehrere Arbeiten wie Businessplan, Statuten oder einem Management Summary». Zusammen mit sechs Mitschülern machte sich Joshua Bollinger an die Arbeit. Sie suchten ein Produkt, das es so noch nicht gab, analysierten den Markt, schauten sich mögliche Konkurrenten an und kamen schliesslich zu einer Auswahl: Ein spezieller Rucksack oder eine ziemlich andere Trinkflasche. Die Wahl fiel auf die Trinkflasche und wiederum ging es darum, wie das Produkt denn aussehen sollte, um möglichst attraktiv und konkurrenzlos zu sein.
Nachhaltig, einzigartig und individuell
Und weiter gingen die Überlegungen: Nachhaltig sollte es sein, individuell und noch mit einem gewissen Extra. Schliesslich entschied sich die Gruppe für eine doppelwandige Flasche aus Glas. Das Material hält in der Regel im Gegensatz zu einer Kunststofflasche etwa sieben Jahre und hat deshalb ökologische Vorteile. Die doppelte Wandung hält Getränke lange kalt oder warm, ähnlich einer Thermosflasche. Dazu kommt ein schützender Sleeve aus Stoff. Doch der Clou ist die Individualisierung. Kunden können sich eine Zeichnung oder einen Schriftzug wünschen, den Joshua Bollinger dann mit einem
Plotter ausdruckt und auf die Flasche sandstrahlt. Als Namen für das Projekt erfanden die Schüler die Bezeichnung «Dieau», eine Kombination der französischen Wörter «Dieu» und «Eau», die
göttliche Flüssigkeit, Wasser. Mit dem Konzept kamen sie schliesslich unter die ersten 75 des Wettbewerbs «Young Enterprise Switzerland», verpassten das Finale der ersten 25 aber
ganz knapp und nur wegen einer dummen Panne. Das Exposee sollte nur drei Seiten umfassen, tat es auch auf Mac-Computern, doch die Jury sah sich die Sache auf Windwos an. Und da waren es
vier Seiten – Aufgabe nicht erfüllt.
Zwei Stunden Arbeit
Nach diesem Dämpfer stiegen die anderen Schüler aus. Aber Joshua Bollinger will nicht aufgeben. Er findet die Idee und auch den Namen des Produkts zu gut, um das Projekt fallen zu lassen. Nun hat er einen Webshop eröffnet, auf dem er die Flaschen verkauft. Im Moment steckt er in der Rekrutenschule in Sion und immer, wenn es die Zeit erlaubt, sandstrahlt er die Flaschen nach
Kundenwunsch. Von den ursprünglich 200 bestellten Flaschen sind mittlerweile etwa 150 verkauft und demnächst wird er nachbestellen. Er hat Flaschen mit- und ohne eingehängtem Teesieb im Angebot. Diese kosten je nach Variante zwischen 35 Franken und 40 Franken. In jeder Individualisierung stecken zwischen 40 Minuten und zwei Stunden Arbeit. Damit ist sein Stundenlohn nicht gerade üppig. Doch grosse Profite sind nicht
das Ziel. Er will mit dem Projekt vor allem Spass haben und unternehmerische Erfahrung sammeln, noch bevor er sein Studium in Betriebswirtschaftslehre (BWL) beginnt. Bei guter Auftragslage könnte das Kanti-Projekt mit den göttlichen Wasserflaschen lange weiterlaufen.
Text: Andreas Schwander
Fotos: Studio Jeker