Wasser für die Zukunft von Solothurn
In Rüttenen entsteht das neue Reservoir Königshof.
Die grosse Baustelle oberhalb des Patriziersitzes Königshof in Rüttenen ist nicht zu übersehen. Wer hier stolpert, fällt tief. Ganze 13 Meter, um genau zu sein. An diesem Ort baut die Regio Energie Solothurn das neue Reservoir Königshof. Für die 30 Meter breite und 60 Meter lange Grube wurden rund 18 000 Kubikmeter Erde ausgehoben. Nicht nur die Dimension des Bauprojekts ist besonders für die Wasserversorgerin. Die bestehenden Reservoire Steingrube und Gisihubel, welche künftig durch das Reservoir Königshof ersetzt werden, sind 140 und 90 Jahre alt. «Für die Regio Energie Solothurn ist das Projekt somit ein Jahrhundertbauwerk», sagt der Leiter Netze Wasser und Fernwärme Andrew Lochbrunner. «Die Wasserversorgung von Solothurn wird modernisiert und für die nächsten Jahrzehnte sichergestellt.»
Verbund mit Zuchwil
Die Reservoire Steingrube und Gisihubel sind beide sanierungsbedürftig. Zudem entspricht das vorhandene Speichervolumen der «Unteren Zone Solothurn», die durch diese beiden Reservoire versorgt wird, nicht mehr den Vorschriften. In einer Studie kam man 2007 zum Schluss, dass eine Sanierung mit Erweiterung der bestehenden Reservoire nicht sinnvoll sei. Als Bestvariante wurde der Verbund mit der benachbarten Wasser-versorgung Zuchwil erkannt. Dieser sieht eine gemeinsame Druckzone im Gebiet «Solothurnuntere Zone – Zuchwil» vor, die durch das bestehende Reservoir Bleichenberg in Zuchwil, sowie ein neu zu erstellendes Reservoir im Gebiet Königshof
versorgt wird. Damit sich das Wasserniveau in den beiden Reservoiren selbst reguliert, müssen sie auf derselben Höhe liegen. Deshalb befindet sich das neue Reservoir Königshof auf exakt 500 Metern über Meer. Der vom Kanton Solothurn bestimmteStandort liegt im Wald oberhalb des Königshofs. Dieser Entscheid löste eine Einsprache aus der Bevölkerung aus und verzögerte den Baubewilligungsprozess um mehrere
Jahre.
18 Meter lange Anker
Seit August 2020 sind die Bauarbeiten nun in vollem Gange. Besonders spannend war laut Projektleiter Andrew Lochbrunner die Phase vom Spatenstich bis zu Vollendung der Baugrube. «Wir wussten nicht mit Sicherheit, ob wir auf Fels oder wasserführende Schichtentreffen», sagt er. Beides hätte den Bau verzögert und in der Folge auch verteuert. Ein wichtiger Bestandteil des Neubaus ist eine Nagelwand mit bis zu 18 Meter langen Ankern. Sie fixiert die Grubenwände und stellt sicher, dass diese während der Bauzeit nicht abrutschen. «Ob die Anker die vorgeschriebenen
Festigkeitswerte aufweisen, konnten wir ebenfalls erst während
der Bauarbeiten überprüfen.» Da die umfangreichen Erdarbeiten wie geplant verliefen, konnte anschliessend mit den Bohrungen,
die das Reservoir an das Wasserversorgungsnetz anbinden, begonnen werden. Parallel dazu wurde die erste Etappe der Bodenplatte in Angriff genommen. Voraussichtlich im Juni 2021 beginnt der Ausbau des Reservoirs. Zwei Kammern werden zusammen 5000 Kubikmeter Wasser fassen. Die Inbetriebnahme
ist im April 2022 geplant.
Nur die Eingangstüre bleibt übrig
Vor Baubeginn mussten 3440 Quadratmeter Wald gerodet werden, davon 3130 Quadratmeter temporär und 310 Quadratmeter definitiv. Für die definitive Rodung wird in Subingen eine entsprechende Ersatzfläche aufgeforstet. Die Aufforstungen für die temporäre Rodung werden an Ort und Stelle erfolgen, wobei über dem Reservoir nur flachwurzelnde Büsche und Sträucher zulässig sind. Ab diesem Zeitpunkt werde man kaum mehr erkennen können, dass sich hier ein Reservoir befinde, sagt Andrew Lochbrunner. «Von den umfangreichen Arbeiten werden wir am Schluss nur eine kleine Eingangstüre als sichtbare Gegenleistung erhalten, der Rest bleibt unter der Erde.»
Von Holzkanälen zu modernen Reservoiren
Die Geschichte der Wasserversorgung der Stadt Solothurn lässt sich bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgen. Damals wurde das Wasser oberirdisch in Kanälen aus Holz oder Stein von Quellen in öffentliche Brunnen geleitet. Verschmutztes Wasser und Krankheiten gehörten zum Alltag. Die moderne Wasserversorgung begann Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Bau von Reservoiren und Druckleitungen. 1881 entstand das Reservoir Steingrube. Darauf folgte 1929 der Bau des zweiten sogenannten Gegenreservoirs Gisihubel südlich des Solothurner Bürgerspitals. Aufgrund des Bevölkerungswachstums wurde das Reservoir Steingrube 1930 erweitert. 1934 baute man ebenfalls auf Rüttener Boden das Reservoir Sunneschyn. Die damit einhergehende Aufteilung der Wasserversorgung von Solothurn in eine «Obere Zone» und eine «Untere Zone» besteht bis heute.
Text: Barbara Graber
Bilder: Samuel Müller/Studio Jeker, Michael Witschi/Microtunnel AG