Wieso aus Biogas erst Strom und nun wieder Erdgas wurde
In der Kompogasanlage in Utzenstorf entsteht seit 2007 nachhaltiges Biogas. Nach der Schliessung der Hauptabnehmerin Papierfabrik Utzenstorf musste eine neue Lösung her. Klingt einfach, ist aber etwas komplizierter als gedacht.
2007 ging in Utzenstorf eine Anlage in Betrieb, die einen massgeblichen Beitrag zur nachhaltigen Energieversorgung der Region leisten sollte: Die Kompogasanlage im Norden der Berner Gemeinde produziert mittels Trockenvergärung aus organischen Abfällen wie Speiseresten, Grünabfällen usw. jährlich bis zu 6,8GWh Biogas. Damit könnten rund 400 Einfamilienhäuser beheizt werden, was einer Einsparung von 1340 Tonnen Kohlendioxid entspricht.
Könnten? Ja, denn vor einigen Jahren veränderte sich die Ausgangslage grundlegend: Die Hauptabnehmerin des hergestellten Biogases mit eingeschränkter Einspeisung war die Papierfabrik Utzenstorf, die das Gas zur Energieversorgung für ihre Papierproduktion nutzte. Seit 1892 entstand in der Papierfabrik, einen Steinwurf von der Kompogasanlage entfernt, aus 260 000 Tonnen Altpapier neues Zeitungspapier. 125 Jahre lang, bis 2017 der Betrieb eingestellt wurde. Damit fiel auch ein Grossteil des Biogasabsatzes weg. Ein Teil wurde zwar noch andernorts im Netz von Utzenstorf und Bätterkinden verbraucht. Doch weil dieses als sogenanntes Inselnetz nicht mit anderen Gemeinden verbunden ist, kam eine breitere Nutzung des Gases nicht in Frage.
Gas wurde in Strom umgewandelt
Kam hinzu: Das Biogas, wie es in der Kompogasanlage entsteht, verfügt nur über Rohgasqualität. Das heisst, im Gegensatz zu Erdgas enthält es auch Kohlendioxid und Spuren weiterer Gase. So konnte es zwar von einem Industriebetrieb wie der «Papieri» genutzt werden, als Brennstoff für Haushalte ist es jedoch nicht geeignet. Deshalb wurde nach der Schliessung der Papierfabrik ein Blockheizkraftwerk installiert, das aus dem Gas elektrischen Strom machte und diesen ins örtliche Stromnetz einspeiste.
Die Lösung, aus Gas mittels Verbrennungsmotor elektrische Energie zu gewinnen, ist verbreitet. Doch der Energieverlust der Anlage in Utzenstorf ist beträchtlich: Mehr als 50 Prozent der entstehenden Energie gehen als Abwärme verloren. Nun hat das Blockheizkraftwerk das Ende seiner Lebensdauer erreicht, weshalb die Regio Energie Solothurn eine neue, zukunftsorientierte Lösung umsetzte: Sie schloss die Kompogasanlage ans Gasnetz der Region Solothurn an, das bis Gerlafingen reicht. So kann das Gas in den 20 weiteren von der Energiedienstleisterin versorgten Gemeinden genutzt werden. Im letzten Jahr wurde hierfür eine 2,3 Kilometer lange Gasleitung zwischen Utzenstorf und Gerlafingen gebaut. Weil diese neue Leitung weitgehend durch Ackerland verläuft, wurden die Bauarbeiten nach Ende der Erntezeit und mittels eines bodenschonenden Pflugverfahrens oder Horizontalspülbohrungen vorgenommen.
Aus Roh-Biogas wird Erdgasqualität
Nun musste aus dem Roh-Biogas nur noch Gas in Erdgasqualität entstehen. Hierfür hat die Regio Energie Solothurn diesen Sommer eine neue Aufbereitungsanlage gebaut. Sie reinigt das Gas, indem es ihm Kohlendioxid und andere Spurengase entzieht. Noch in diesem Winter soll die Anlage in Betrieb gehen, wodurch die 6,8GWh Biogas, die in Utzenstorf jährlich entstehen, nun auch tatsächlich für rund 400 Einfamilienhäuser genutzt und damit 1340 Tonnen Kohlendioxid eingespart werden können.
Text: Fabian Gressly
Fotos: Michel Lüthi, Bidlerwerft.ch